Jimmie DURHAM | Peter FRIEDL | Penelope GEORGIOU |
Christian NYAMPETA | Sina MOSER | Maria Magdalena CAMPOS-PONS | Gerhard
RÜHM | Nancy SPERO | Anna TERESHKINA | Sislej XHAFA
Als dieser Text entsteht, schreiben wir Mitte
Juli 2020. Alles, was wir in den letzten fünf Monaten aus
den Mainstreammedien gehört haben – neben Statistiken zur Ausbreitung
des Virus und zu nationalen Todeszahlen sowie verworrene Strategien zu
Prävention und Krisenmanagement – ist, dass “wir dabei alle in einem
Boot sitzen”.
Doch wer sind wir? Und was ist dabei?
Städte haben sich in fremde Landschaften verwandelt,
der Alltag ist nicht mehr der Alltag, den wir kannten;
die Politik ist nicht mehr die Politik, die wir wiedererkennen
können; unser Hab und Gut gehört uns nicht mehr; der öffentliche Raum
gehört uns ebenfalls nicht mehr, und selbst der private Raum ist
verhandelbar. Wir erleben einen Umbruch, und als wir diese
unvermeidliche Veränderung erfahren, bei der alles im Wandel ist,
verliert der Raum seine Form und verwandelt sich in ein Nichts, einen
immateriellen Ort: den Raum für das Unmögliche.
Können wir eine Reihe neuer Queer-Kapazitäten identifizieren,
die möglicherweise zum Vorschein kommen, über die Hysterie der
Hyperkonnektivität hinauskommen und durch die Turbulenzen innerhalb des
anspruchsvollen superterritorialen Terrains, in dem wir alle
leben, hindurchnavigieren?
Wie können wir die Vergangenheit in
die Gegenwart führen, und wie kann “die Zukunft” wieder in
unserem Leben glaubwürdig werden?
Kunst kann immer eine Zukunft
vorhersehen, normalerweise eine “zeitlose”. Für diese spezielle
Präsentationsaufgabe, die durch den diesjährigen thematischen Fokus
angeregt wurde, habe ich beschlossen, “in die Zukunft vorzudringen”.
Speziell in die “Gewölbe” der Christine König Galerie
vorzudringen. Ziel ist es, durch die Kombination älterer und
neuerer Kunstwerke/Darstellungen, die über feste (historische) Zeiten
und Geografien hinausgehen, einen hybriden Raum anzuregen, der nicht nur
zur Neubewertung verschiedener Tatsachen auffordert, sondern auch zu
deren Kreuzkontamination und gegenseitiger Befruchtung. Vielleicht in
diesem engen Spalt zwischen den beiden oder mehreren Bedingungen –
den “Hiers” und “Dorts”, die teilweise getrennt wurden
– können Widersprüche, Mängel und Skarifizierungen neugestaltet und
mit Sensibilität und Zuneigung nutzbar gemacht werden. Doch wie können
eine hybride Koexistenz und ihre Verstrickungen in Form einer Ausstellung
gezeigt werden?
Inspiriert von dem Werk des Künstlers,
Poeten, Konzeptualisten Gerhard Rühm, der die Grenzen traditioneller
Gattungen und sprachlicher Bedeutungen in Frage stellt, und insbesondere
durch seine Typocollage WiR war der Plan entstanden,
einen neuen Raum zu eröffnen, wo unvorhergesehene Verwandtschaften
einen dritten Raum beleuchten könnten – oder eine Reihe von dritten
Räumen, wo sich die Menschen treffen können, um über die Möglichkeit
anderer Daseinsformen auf der Welt nachzudenken.
WiR bezieht sich auf
ein erweitertes – und auch unverhältnismäßiges – Selbstverständnis
innerhalb des Kollektivs Wir. Durch die Komplexifizierung
der Auffassung von Gesamtheit wie auch den Prozess der Koexistenz, wie er
in dieser Ausstellung erprobt wird, könnten wir die Ausbildung eines
neuen/alten Vokabulars erzielen, das ein Wagnis beinhaltet, aber auch neue
Formen von Solidarität und Vernetzung verspricht, jenseits
der hegemonialen Beziehung von der “Mitte” und dem
“Rand”, dem Privaten und dem Öffentlichen, dem Ich und
dem Wir und vielen anderen Dualitäten.(Marina Fokidis, 2020)
As this text is being
written, are in the middle of July in 2020. All we have heard from mainstream
media, the last five months — besides statistics tracking the spread of the
disease and national death counts, as well as confused strategies of prevention
and crisis management — is that “we are all in this together”.
But who are we? And what is this?
Cities have morphed into
unfamiliar landscapes, the daily routine is not the daily routine we knew
anymore; the politics are not the politics we can recognize anymore; our
belongings do not belong to us anymore; the public space does not belong to us
either, and even private space is negotiable. We are living through a disruption
and as we are experiencing this inevitable change, where everything is in flux,
the space loses its shape and transforms into nothingness, an immaterial place:
the space for the impossible. Can we identify a set of new queer capacities
that might be emerging, and go beyond the hysteria of hyperconnectivity and
navigate the turbulence within the demanding superterritorial terrain in which we
all live?
How can we bring the past
into the present and how can “the future” again become plausible
within our lives?
Art can always foresee a
future, usually a “timeless” one. For this special display exercise,
prompted by this year’s thematic focus, I decided to pursue a “dig into
the future”. Specifically, a dig into the “vaults” of Christine
König Galerie. By pairing older and newer artworks / accounts, that go beyond
fixed (historical) times and geographies, the aim is to instigate a hybrid space that invites not only the
reassessment of diverse certainties but also their cross–contamination and
their cross-fertilization. It is perhaps in this narrow gap, between the two or
more conditions – the “heres” and “theres” that have been
partially separated – where inconsistencies, flaws, and scarifications can be
reconfigured and harnessed with sensitivity and affection. Yet, how can a hybrid coexistence and its
entanglements be manifested in the form of an exhibition?
Inspired by the work of artist,
poet, conceptualist Gerhard Rühm who challenges the boundaries of traditional
genres and linguistic meanings, and in particular by his typocollage WiR, the idea was to open up a space
where unexpected relationships might throw light on a third space – or a series
of third spaces where people could meet to imagine the possibility of other
ways of being in the world.
WiR,
refers to an expanded – disproportionate even – understanding of oneself within
the collective we. Through the
complexification of the notions of collectivity as well as the process of
coexistence, as it is attempted in this exhibition, we might be able to arrive
at the formation of new / old vocabularies
that encompass risk but also promise new forms of solidarity and
interconnectedness, beyond the hegemonic relation of the “middle” and
the “margin”, the private and the public, the I and the WE and many other binaries.
(Marina Fokidis, 2020)