FÉLICIA ATKINSON | DAVID GRUBBS | SUSAN HOWE | GERHARD RÜHM | TONI SCHMALE | ZORKA WOLLNY
Eine Ausstellung von Bildern, Wörtern und Musik, die von Félicia Atkinson, David Grubbs, Susan Howe, Gerhard Rühm, Toni Schmale und Zorka Wollny fabriziert, zusammengestellt oder gelenkt wurden.
Es versteht sich fast von sich, dass eine von Musik-Manie gezeichnete Stadt wie Wien einen Psychoanalytiker mit einem besonderen Ohr für persönliche Resonanzen hervorbringen würde. Bei seiner Auseinandersetzung mit der psychischen Dimension von Musik bemerkte Theodor Reik: „Wo immer Reaktionen zu musikalischen Erfahrungen erwähnt werden, funktionieren Wörter nur als Wegmarken, die zu der Schwelle des Raumes führen, wo Melodien angesiedelt sind.“ Im Gegensatz zu seinem Lehrer und Freund Sigmund Freud bevorzugte Reik das Zuhören. Obsessive Gedanken können in einen Zwang kippen, alles Schweigen mit einem beständigen Fluss von Worten oder einer beklemmenden Melodie zu füllen. Letzteres ist etwas mehr als ein einfaches Lied, das man summen kann. Es ist vielmehr ein Spiegel, der Einblick in den unverdeckten Bereich der Affekte gibt, die man erblicken darf, da sich der Körper des Subjekts den Resonanzen hingegeben hat.
Unter den zahlreichen Klangarbeiten Gerhard Rühms nimmt „Ophelia und die Wörter“ eine Sonderstellung ein. Nur eine Stimme spricht zu den abwesenden Gesprächspartnern. Während die Bedeutung in diesem zerstückelten Monolog verloren geht, übernimmt die Sprachmelodie die Führung und deutet auf die Existenz ganzer Welten jenseits der Wortformulierung hin. Der Dialog wurde rekonstruiert, um sie in ihren eigenen Geist einzuschließen und uns über die Lautsprecher Einlass zu bieten, ohne dass es uns möglich wäre, sie mit unserer eigenen Sprache zu unterbrechen. Sie befindet sich woanders. Rühm hat das richtig diagnostiziert, was auch die amerikanische Künstlerin Susan Howe verwundert zur Kennntis genommen hat. Die französische Musikerin und Künstlerin Félicia Atkinson führte folgendes dazu ins Treffen: „Dies sollte kein Dialog sein: vielmehr Gedicht als Argument.“Klang-, Wort- und Bildmaterial. Ist eine Person in der Lage, frei zwischen allen von ihnen und zwischen den Ebenen, auf denen sie platziert sind, hin und her zu bewegen? Können wir uns eine Collage von alle diesen Welten vorstellen – als konkreten Raum, der von Hybriden besetzt ist?
Ophelia wurde zu einer Figur eines entfremdeten Selbst, das von inneren Resonanzen, die nicht von außen erlebt werden können, angetrieben wird. Wir können bloß ihre Orchestrierung betrachten. Rühms Radiostück ist beeindruckend, da die Stimme der einzige Anhaltspunkt ist. Die Ausstellung beginnt mit der Stimme als Führer und Dirigent einer Reise, die aus Passagen, Bildausschnitten und Sätzen sowie literarischen Figuren und Gestalten aus der Filmwelt komponiert wurde. Diese Töne wurden durch die visuellen Collagen verstärkt und amplifiziert. Die Einzelstimmen von Erzählern bilden einen Rahmen für eine größere Montage, nämlich die Ausstellung selbst. Der ständige Austausch zwischen den Radiostücken, die in einem gemeinsamen Raum zurückgespielt werden, setzt eine Bewegung zwischen Bildern in Gang.
(Daniel Muzyczuk, 2018)
FÉLICIA ATKINSON | DAVID GRUBBS | SUSAN HOWE | GERHARD RÜHM | TONI SCHMALE | ZORKA WOLLNY
An exhibition of images, words and music fabricated by, collaged by or channeled by Félicia Atkinson, David Grubbs, Susan Howe, Gerhard Rühm, Toni Schmale and Zorka Wollny.Sounds, words and visuals. Is one person able to manoeuvre freely between all of them and planes they are positioned on? Can we imagine a collage of all these worlds being a physical space occupied by hybrids?
Only the city of music mania – Vienna – could bring out a psychoanalyst with a special ear for personal resonances. While studying the psychoanalytical dimension of music Theodor Reik observed that: “Wherever reactions to musical experiences are mentioned, words are functioning only as guideposts leading to the threshold of the domain where melodies live.” Unlike his teacher and friend Sigmund Freud Reik preferred to listen. The obsessive thoughts can turn into the compulsion to fill all the silences with a constant flow of words or a haunting melody. Melody is something more than a simple musical tune that one can hum. Melody is rather a speculum that offers insight into an unmasked realm of affects that one is allowed to glimpse because the subjects body surrendered to the resonances.
Among the many sound works of Gerhard Rühm “Ophelia and the Words” occupies a special space. One voice only – the voice of the Hamlets fiancee – is speaking to the absent interlocutors. While the meaning is lost in this cut up monologue the speech melody takes over and suggests whole worlds beyond word formulation. The dialogue was cut up and restructured to close her inside of her own mind and to let us in through the loudspeakers unable to disrupt her with our own speech. She is somewhere else. Rühm rightly diagnosed, what American artist Susan Howe puzzled took notice of as well. French musician and artist Félicia Atkinson offers a response: “This shouldn’t be a dialogue: a poem as an argument”.
Rühms radio piece is striking also because the voice is the only thing we can hold on to. This exhibition starts with the voice as guide and conductor of a travel composed of passages and scraps of images, sentences and literary and cinema characters. These sounds are being reinforced and amplified by the visual collages by the sound artists involved. The continuous exchange between the radio plays played-back in a shared space sets into motion a movement between images.
(Daniel Muzyczuk, 2018)