Margherita Spiluttini zeigt in der Ausstellung Kunst Dokumente
erstmals eine Serie von Fotografien, die ausschliesslich ihren Blick
auf die Werke anderer bildender Künstler zeigt. Scheinbar
Nebensächliches, Flüchtiges, Periphäres, Verstecktes, Ausschnitthaftes,
wie im Vorübergehen aufgenommen. Keine Repräsentation, sondern vielmehr
Dokumente von Orten und Situationen, die sie interessierten.
„Nehmen wir an, wir hätten es bei der
Fotografie nicht mit zwei Wirklichkeiten, mit zwei Ebenen oder
Qualitäten von Wirklichkeit zu tun, sondern nur mit einer, die nur von
zwei verschiedenen Positionen ausgehend über die Netzhaut in unser
Gehirn eindringt. Es wäre denkbar, dass das Bild auf der Netzhaut
zwischen dem Original und dem Abbild gar nicht so viel Unterschied
macht, wie wir uns das vorstellen. Ja es wäre sogar ein Wechsel zwischen
diesen Wirklichkeiten, eine Verwechslung, ein Austausch der Identitäten
im Gehirn denkbar: ein Foto etwa, das der Wirklichkeit des Originals
mehr entspricht als das zufällige Bild vom Original auf der Netzhaut.
Wie wäre es sonst denkbar, dass Menschen erst Dinge sehen, nachdem sie
fotografiert wurden? Wie wäre es sonst möglich, dass die Fotografie
immer neue Bereiche der Wirklichkeit oder Sehweisen der Wirklichkeit
erobert? – Der gute Fotograf ist also ein Täuscher, ein Täuschler von
Wirklichkeit?”
Friedrich Achleitner, aus: über das Abbild und das Abgebildete, Wien 1985 und 2007