„meine ersten fotomontagen entstanden mitte der fünfziger jahre. anfangs waren sie als bildnerisches pendant zu meinen wortkonstellationen (visuelle poesie) gedacht, die dem betrachter ein begriffliches assoziationsfeld abstecken, aber auch – in kombination mit schrift – als eine erweiterung ins bildhaft gegenständliche.
werden bei den wortkonstellationen einzelne wörter auf der fläche, losgelöst von der üblichen linearen anordnung, frei schwebend zueinander in beziehung gesetzt, geschieht bei den fotomontagen mit voneinander abgegrenzten fotoausschnitten formal vergleichbares; nur handelt es sich hier – im unterschied zu den abstrakten begriffen der textblätter – um konkrete bildsituationen.(…) um das gegen- und aneinander, das konstellative der rechteckigen bildausschnitte von dem illusionistischen ineinander bisheriger fotocollagen abzuheben – darin bestand ja das neue – nannte ich diese arbeiten fotomontagen. in der verbindung von schrift und bild sollte natürlich das bild den text nicht einfach illustrieren, sondern ergänzen und konterkarieren, unter umständen auch spezifizieren. die konstellation hat die tendenz zur ausbreitung, zur weiterführung über mehrere blätter, zum übergeordnete zusammenhänge bildenden zyklus. so entstanden fast zwangsläufig neben den selbständigen einzelblättern foto-textzyklen, aber auch reine fotomontage-folgen. (…)
wie ich ab 1955 in meinen typocollagen einzelne wörter, allgemeine begriffe in konstellationen zueinander in beziehung gesetzt habe, so in meinen fotomontagen bilder bestimmter situationen. ab 1957 habe ich schließlich auch reine fotomontagen hergestellt, die auf wortsprachliches ganz verzichten: einerseits als einzelblätter, andererseits wieder als folgen in mappenform – sozusagen als fotogeschichten, deren handlung aus der präsentation des bildmaterials erschlossen werden kann. insofern haben auch die reinen fotomontagen, wie jede gegenständliche kunst, einen literarischen aspekt: das dargestellte „handelt“ ja von etwas, gegenstände suggerieren ihren namen, situationen interpretierende begriffe.
rein bildnerische qualitäten sind allerdings bei den fotomontagen bewußt mitkomponiert: in den anschlüssen benachbarter fotos, in den proportionsverhältnissen der bildausschnitte zueinander und zur tragenden fläche, auch in den farbwerten, wenn die fotos solche aufweisen. die bilder sind wirklichkeitsausschnitte und um den realitätscharakter zu verstärken, habe ich dokumentarisches bildmaterial aus aktuellen zeitschriften bevorzugt. sie sind auf der fläche unmittelbar nebeneinander gesetzt oder in spannende distanz gebracht. manchmal erscheint im gegensatz zum weiß der grundfläche ein schwarzes, oft auch monochromes quadrat (oder rechteck) als nichtbild neben den fotos – ich sehe darin einen „absoluten“ bezugsort, eine art kraftfeld, das in der verdichtung aller grau- und schwarzwerte der bilder den gegenstand annulliert. (…) wo ich material aus der werbung und der mode verwendet habe, springt heute wohl die vorwegnahme von stilelementen der pop-art ins auge.“ (zit. v. GERHARD RÜHM, 1979/2000)