Reiter Raabes
Fotografien stecken wechselnde Kontexte buchstäblicher oder assoziativer
Natur ab. Es handelt sich um dokumentarische Fotos, die, wenn zu einem
losen Narrativ zusammengestellt, konzeptuelle Fragen an ein gänzlich
anderes Genre stellen, nämlich an die Malerei. Die Ergebnisse sind
schrill, brisant, witzig und stellen letztlich die umfassendere Frage
nach ihrer Bedeutung.
Die Verwendung von Fotografie nötigt
das Publikum zu einer Verschiebung seiner Wahrnehmungsperspektive, wird
es doch vorderhand mit der diesem Medium eigenen Eindringlichkeit
konfrontiert. Die “Schnelligkeit” des Erfassens von Fotosujets sowie
deren sachliche Authentizität verschieben den sonst per Definition
“langsam” kontemplativen Blick auf Gemälde. So verändert sich die durch
die vorgegebene kulturelle Position der monochromen Malerei
vorgeschriebene Rezeptionsweise. Da seine Kunst hauptsächlich abstrakt,
zugleich aber buchstäblich und konkret ist, vermag Reiter Raabe sie
durch die üblicherweise gegenständliche Art der Fotografie neu
abzubilden.
„Reiter Raabes Malerei betont
Oberfläche, Prozess und die durch ihn selbst beschränkte Methode.
Typischerweise weisen die Bilder durch die Strichtextur akzentuierte
lineare Elemente oder geschüttete Farbballungen auf, die sich zu subtil
variierten Farbfeldern verbinden. Obwohl durch die programmatische
Malmethode der automatisierte Prozess hervorgehoben wird, zeigen die
Bilder insgesamt dennoch eine gemeinsame individuelle Sensibilität.
Reiter Raabe macht Plätze zu ‚Orten’, in die er dann artikulierte
Flächen oder ‚platzierte’ Objekte als Grenzen oder absichtliche Brüche
der Raumwahrnehmung ‚einfügt’. In einem weiteren Sinn könnte seine
Methode als ‚Intervention’ bezeichnet werden – als Philosophie in
Aktion.“
John Zinnser
„Die Tropfbilder sind das Gegenteil
und in bestimmter Hinsicht auch das Umgekehrte der so genannten
‚All-Over Paintings’. Dennoch weisen auch sie keine traditionelle
Kompositionsstruktur auf. Die weiße Fläche ist in wesentlich radikalerem
Sinn abstrakt, weil sich ihre Ränder gegen jede Gegenständlichkeit
sperren und nichts mehr aufweisen, was vom Künstler nicht reduziert
wurde und durch unsere Augen rekonstruiert werden könnte. Reiter Raabe
agiert auf der obersten Ebene der Malmaschine, was jedoch nicht seinen
eigenen Körper als Maschine erweitert, sondern stattdessen beschränkt.
Seine Malmaschine funktioniert auf unterschiedlichen Ebenen, was sowohl
Programm als auch Zufall sowie die Konzentration auf die Ränder zulässt,
wo Programm und Zufall in Eins fallen.“
Martin Prinzhorn
Reiter Raabe’s
photographs provide a series of shifting contexts, both literal and
associational. Documentary photographs that, when compiled into a loose
linear narrative, pose conceptual questions specific to another medium
entirely – namely painting. The results are jarring, disruptive,
humorous and – ultimately – probing of larger issues of meaning.
The employment of photography forces Reiter Raabe’s viewers into a
perceptual shift – as they are confronted first by the inherent urgency
of the medium. The resulting “speed” of photographic visual recognition,
along with its accompanying matter-of-fact veracity, repositions the
manner in which the (otherwise by definition “slow”) paintings are
viewed by a general audience. Taking the existing cultural position of
monochrome painting and altering its pre-ordained manner of
receivership. Because his artwork is essentially abstract, literal and
concrete, Reiter Raabe is able to “re-depict” it anew through
photography’s traditionally representational terms.
„The paintings themselves stress
surface, procedure and self-restricted methodology. They typically
contain brushed linear elements or poured paint agglomerations that
result in subtly inflected color fields. Stressing automatist process
engagement through the programmatic means of their making, they
nonetheless enjoy a specific personal shared sensibility. He transforms
venues to ‚sites’, into which he then ‚inserts’ painted wall surfaces as
articulated planes or ‚placed’ objects as willful disruptions of
spatial perception. In a larger sense, his practice could be termed
‚intervention’, a philosophy put into action.“
John Zinnser
„The dripping paintings are the
opposite and in a certain sense also the negative of the so called
‚all-over paintings’ although they do not show a traditional structure
of composition, either. The white surface is abstract in a far more
radical sense, since the edges exclude a representation and there cannot
be anything within them which had not been reduced by the artist and
could possibly be reconstructed by our eyes. The artist is operating on
the top level of a painting machine; this however, does not extend his
body as a machine but rather restricts it. His painting machine
functions on different levels, which allows for both, for planning and
for coincidence, and which focuses on the very margins, where they
meet.“
Martin Prinzhorn