The new series IM ZEICHENRAUM – originallly conceived by Tex Rubinowitz –
will be inaugurated every last Saturday of the month at noon, in the
gallery’s Third Room. Based on his thorough experience and singular
approach on the medium drawing, Tex Rubinowitz will present artists who work with
drawing in their very own way.
IM ZEICHENRAUM I
MAX MÜLLER: Jemande und Niemande
Max Müller, der Mitte der sechziger
Jahre in Wolfsburg geborene Generaldilletant bzw. Universalgeneralist
ist in erster Linie Chef und Sänger der brachialen Band Mutter aus
Berlin, die eine Art Geheimwissen hüten, stumpf und direkt wälzt sich
diese störrische Band immer wieder aus ihrer Höhle, Gefangene werden
nicht gemacht, übrig bleiben Ohnmacht, Wut und Asche, und weinende
Witwen.
Max Müller zeichnet wie er singt, unvermittelt, roh, aus seinen
Zeichnungen keimt aber trotz aller Räudigkeit immer auch ein zarter
Trieb der Liebe und der Gerechtigkeit, denn im Grunde seines Herzens ist
Müller Humanist, ein echter Gärtner der Hoffnung, und nicht er kommt
mit der Gesellschaft nicht zurecht, sondern die Gesellschaft mit ihm,
die rücksichtslose, unsensible, die die weinenden Witwen hervorbringt.
Tex Rubinowitz, 2010
IM ZEICHENRAUM IIHANS WERNER POSCHAUKO: Love is my religion
″Hans Werner
Poschauko hat Mitte der Achtziger Jahre des verwichenen Jahrtausends bei
der großen Maria Lassnig studiert. Sie nannte ihn stets bei ihren
morgendlichen Klassenappellen Mein Malprinz. Trotzdem beschritt
Poschauko fortan einen wechselvollen Weg, von Fluxusaktionen bis zum
Musical, Dogmen waren und sind ihm nachwievor fremd, selbst als
Westernautor hat er reüssiert.
Seine große, geheime Leidenschaft hingegen gilt den kinetischen und
kybernetischen Vögeln, Aufziehspatzen und Robotereulen. Seine Bilder und
Baupläne sind Erzählungen, denen eigen ist, dass Wahrheit und Dichtung
nicht mehr auseinanderzuhalten sind, Realität fiktionalisiert und
Fiktion realisiert wird. Der Malprinz hat sich selbst zum Forscher umgebaut, Calder, Gsellmann und Dr Frankenstein waren ihm die Assistenten.″
Tex Rubinowitz, März 2010
IM ZEICHENRAUM IIIANDREAS KARNER: Der Mundgeruch des Teufels
Wenn ein
Mensch stirbt, beginnt er ein neues Leben, er fängt an sich selbst zu
verdauen, die Darmbakterien setzen ihr Tagwerk fort, den Friedhof muss
man sich also wie eine ausgelassene Dauerparty mit üppigem Festmahl
vorstellen. So wie die Zeichnungen von Andreas Karner, in ihnen tanzen
die Skelette auf ihren Gräbern den Paso Doble der Freiheit, die
belastenden Seelen hat jemand anderer gekauft, die Bakterien und Würmer
schuften im Fleischbergwerk, der Knochenmann als befreites Subjekt singt
das Lied von Paul Celan: “Ein schöner Kahn ist der Sarg, geschnitzt im
Gehölz der Gefühle. Auch ich fuhr blutabwärts mit ihm, als ich jünger
war als dein Aug.”
Andreas Karners Märchenwelt ist eine
entbeinte, hier wird fein säuberlich getrennt, nur dass im Gegensatz zu
uns, die wir uns am Altglascontainer gedankenlos unserer Sorgen
entledigen, Karner den Schrecken bannt, indem er das Röntgenbild von
Mickey Mouse über jenes des Teufels schiebt, und so für jedermanns Auge
sichtbar wird: das Böse war die Seele und das Fleisch, nicht die
Knochen. Und der Geruch, der Atem, das Odeur, der Dunst des Lebens war
der Kitt zwischen allen dreien. Wie du dich fühlst, so riechst du, und
zwischen deinen Backenzähnen warten schon die Bakterien, dass es endlich
losgeht. (zit. Tex Rubinowitz)