Third Room: REWIND

Peter Dreher
Christian Haake
Gregor Hildebrandt
Jürgen Krause
Micha Payer + Martin Gabriel
Arnold Reinthaler
Stanley Whitney


„Tag um Tag guter Tag“ (seit 1974) zeigt bis heute über fünftausend Mal das gleiche Motiv: ein Birnenmostglas. Es wird unter den exakt gleichen Bedingungen – Abstand, Abstellfläche, Bildhintergrund – einmal bei künstlichem und einmal bei Tageslicht gemalt: „Hier steht das Glas, hier sitzt der Maler, hier ist die Leinwand, hier ist die Beleuchtung.” Die immer gleichen Bedingungen verdeutlichen die Bedeutung des Malakts, zeigen auf lange Sicht die Entwicklung des Malers und werden dadurch zu einem Dokument der Selbstvergewisserung. Peter Drehers Malerei scheint hyperrealistisch, betrachtet man seine Bilder genau, löst sich die illusionistisch wirkende Oberfläche auf. Fast pastos erscheinen die Reflexe, es gibt keine Licht – Schatten – Modulation, keine Illusion von Dreidimensionalität auf der Fläche. Die Raumillusion ergibt sich durch die Reflektion, die sich unter der Standfläche des Glases zum unteren Bildrand fortsetzt.

Um den Zusammenhang zwischen Systemanspruch und notwendigem Scheitern geht es wiederum in der Arbeit „Millimeterpapiere“, die Christian Haake wie ein basso continuo seit 2005 begleitet. Die Aufgabe besteht darin, ohne Maß zu nehmen mit Hilfe eines Skalpells und einer Glasplatte Papiere zuzuschneiden, die möglichst deckungsgleich mit einem handelsüblichen DIN A 4-Format sind. Auf diesen geschätzten DIN A 4 Formaten zieht Haake wiederum mit Hilfe der Glasplatte und eines roten Fineliners die charakteristischen Linien des Millimeterpapiers, wobei der Millimeterabstand von ihm wiederum von Linie zu Linie geschätzt wird. Nur an einer Stelle wird Exaktheit in die Arbeit einführt, aber bezeichnenderweise dort, wo sie keine tragende Funktion zu erfüllen hat: Die Stärke des verwendeten Papiers beträgt exakt einen Millimeter.

Auch Jürgen Krause sollte sich im Rahmen seines Studiums der „Linie“ widmen. Aus einer scheinbar einfachen Aufgabenstellung wurde eine Lebensaufgabe.
Die „eigene Gerade“ wurde zum alleinigen zeichnerischen Element seiner 1998 begonnenen Werkserie Handzeichnungen. Auf dem Papier zieht er freihand eine Linie neben der anderen, längs und quer, in regelmäßigen Abständen. Auf dem Papier entsteht so ein Karomuster, das aussieht wie ein industriell gefertigtes kariertes Papier. Eine eigene Formentwicklung wird im Schaffen von Juergen Krause nicht angestrebt. Seine sich stets wiederholenden Gesten treten als individuelle Handschrift des Künstlers hinter das Genormte des Werkes zurück. Sie ist nur noch in im Kleinsten und nur bei genauestem Hinsehen erkennbar.

Gregor Hildebrandt verwendet für seine Arbeiten Kassettenbänder, Vinylschallplatten und Videokassetten. Dem Audio- und Videotape, ein nunmehr schwindendes Material zum Aufzeichnen und Bewahren von Ton und bewegtem Bild, schreibt Hildebrandt eine neue Funktion zu, in dem er es als künstlerisches Medium einsetzt. Dem Träger von unsichtbarem Bild und stillem Klang kommt dabei eine ungleich größere Funktion zu, wenn Hildebrandt es aus seinem Behälter befreit. In den Titeln der Arbeiten finden sich versteckte Hinweise auf den Inhalt, den man vom verwendeten Band oder der deformierten Platte abrufen könnte, wenn der Ton- oder Bildträger noch abspielbar wäre. Der Zugang zu den Werken ist auch auf Assoziationen angewiesen und wird von der kulturellen Prägung des Betrachters abhängig.

Das Triptychon “Wiederholte Individualfälle” zeigt dreimal dieselbe dicht verwobene Anordnung von Blumen und Früchten. Mit dieser Arbeit gehen Payer + Gabriel dem Thema Naturnachahmung, Kopie oder Reproduktion sowie auch der Frage nach der Auflösung der individuellen Handschrift nach, in einer Zeit, in der die Kultur der Kopie und der multiplen Identität für viele Menschen gelebter Alltag ist.

Anders bei Stanley Whitney: er arbeitet mit dem „call-and-response“-Prinzip, welches in vielen Disziplinen genutzt wird und in der Musik bei Spirituals, Gospels, Blues und Jazz typisch ist. Er malt eine Farbfläche und entscheidet dann, welche Farbe darauf antworten könnte. Dieses einfache System führt dazu, dass ein Farbton selten zweimal vorkommt und die Farben immer komplexer werden. “Es ist so, wie Coltrane eine einfache Melodie verwendet; ich verwende ein einfaches Quadrat. Die Idee ist es, Klang durch Farbe herzustellen, Polyrhythmik zu erzeugen, um etwas wahrzunehmen, von dem man glaubt, dass man es kennt, aber dann zu begreifen, dass es nicht so ist“.

Mit der Zeit spielt Arnold Reinthaler und präsentiert in ‚still alive’ eine Steinarbeit im Scheckkartenformat. Die einzelnen Zeichenträger aus schwarzem Granit werden stets mitgeführt und seit Mai 2008 im Stunden-Takt bearbeitet. Mittels diamantenem Ritzstift wird pro gefühlter Stunde ein Zählstrich graviert und so die noch potentiell verbleibende Lebenszeit notiert. Rückseitig ist als 16-stelliger Code, das Datum, die Zeit und die bis dahin verstrichene Stundenanzahl vermerkt. Pro Plättchen ist annähernd die Stundenanzahl eines Monats vermerkt.

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